Statement der Juso-Hochschulgruppe Bonn gegen Burschenschaften und Studierendenverbindungen
Unser Selbstverständnis
Als Juso-Hochschulgruppe Bonn definieren wir uns als antifaschistische, queerfeministische und jungsozialistische Initiative. Wir stehen hinter dem Ideal einer sozialen und freien Gesellschaft und kämpfen für die Umsetzung der Ziele des demokratischen Sozialismus an unserer Hochschule. In unserem Zielstreben handeln wir konsequent nach unseren Grundsätzen.
Unser Verhältnis zu Verbindungen
Verbindungen stehen unserem Selbstverständnis und unserem Ziel einer freien und sozialen Gesellschaft grundsätzlich entgegen. Die Eigenschaften, die Burschenschaften und Verbindungen meistens gemein haben und den Zielen unseres Verbands entgegenstehen, sind geschlechterdiskriminierende Strukturen, das Lebensbundprinzip und die Schaffung und Aufrechterhaltung elitärer Strukturen. Zwischen den verschiedenen Verbindungstypen ist dabei zu differenzieren.
Burschenschaften stehen als faschistische, rassistische, sexistische und queerfeindliche Vereinigungen1 fundamental konträr zu unserem Selbstverständnis. Unser Aktionismus gilt der langfristigen Zerschlagung solcher Bünde!2
Auch andere männlich-exklusive Verbindungen gilt es zu bekämpfen. Der grundsätzliche Ausschluss von FINTA-Personen ist diskriminierend und hält althergebrachte patriarchale Strukturen aufrecht, deren Bekämpfung sich die Sozialdemokratie von Gründung an zur Aufgabe gemacht hat.
Zudem lehnen wir gemischtgeschlechtliche oder rein weibliche Verbindungen ebenso als elitäres Konstrukt ab. Im Mittelpunkt solcher Verbindungen steht das “Lebensbundprinzip”, das soziale Hierarchien und Abhängigkeiten schafft, welche unvereinbar mit unserer Vorstellung einer sozialen und liberalen Gesellschaft sind. Auch den sogenannten “liberalen” Verbindungen liegt häufig ein sexistisch-patriarchales Weltbild zugrunde, dass widersprüchlich zu unserem Selbstverständnis ist und bleibt.3 Darüber hinaus werden dort auch elitäre Strukturen geschaffen und gefördert, die einem Klassenkampf fundamental entgegenstehen.
Verhältnis zu Mitgliedern von Verbindungen
Wir sind eine offene Hochschulgruppe, die den Meinungsaustausch und die politische Diskussion hochhält. Bei uns finden alle Menschen einen
Rückzugsraum und einen Platz für Engagement, die sich mit unseren Grundwerten identifizieren. Klar ist auch, dass wir unser Selbstverständnis in vielerlei Weise leben und konsequent danach handeln. Wer deshalb mittel- bis langfristig bewusst in einer Verbindung Mitglied ist oder darin wohnt, handelt konträr unseres Selbstverständnisses. Wir möchten mit den jeweiligen Personen, die Interesse haben, bei uns mitzuarbeiten, konstruktiv über ihre Motivation und Verbindung sprechen, bevor wir über eine Mitgliedschaft entscheiden.
Wir wissen um die vielen Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, gerade zu Studienbeginn, und die perfiden Lockmethoden von Burschenschaften und Verbindungen durch günstige Wohnplätze. Diese sind ein abstoßendes Ausnutzen eines allgemeinen sozialen Missstandes zu eigenen Gunsten! Diesen Umstand denken wir in jedem Fall bei allen Menschen mit. Wir kämpfen daher an vielen anderen Stellen für eine Verbesserung der Studienbedingungen im Allgemeinen. Darum finden bei uns Menschen, die sich bewusst für einen Austritt aus Verbindungen entscheiden und unser Selbstverständnis teilen, immer auch einen Platz.
Zentral für ein Aktivsein bei uns ist und bleibt das gemeinsam geteilte und dem eigenen Handeln zugrunde gelegte Selbstverständnis als sozialistisch, feministisch und internationalistisch!
Unser Aktionismus
Der Kampf gegen Faschismus, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Queerfeindlichkeit wird nicht nur durch Statements ausgetragen. Wir wollen durch vielerlei Aktionen zu Semesterstart oder bei anderen Anlässen aktive Aufklärungsarbeit über Verbindungen und Burschenschaften leisten. Wir stellen Ansprechpersonen und Infomaterial zur Verfügung und treten jeglicher Art von Diskriminierung konsequent entgegen.
Sehr wohl aber wollen wir deutlich machen, dass es nicht in unser jungsozialistisches Selbstverständnis passt, Menschen, die Mitglieder von Verbindungen und Burschenschaften sind, mittels Wahlen in Ämter in der HSG, bei den Aufstellungen von Wahllisten und der Nominierung für Ämter in der Hochschulpolitik Zugang zu unseren hart erkämpften jungsozialistischen Strukturen geben wollen.
Wir wollen in unseren Richtlinien darauf hinwirken, korporierte Mitglieder, die nicht qua SPD-Mitgliedschaft Teil der Juso-HSG Bonn sind, aktiv von einer HSG-Mitgliedschaft auszuschließen.
Zur Umsetzung verpflichten wir uns auf allen uns zur Verfügung stehenden Kanälen zu veröffentlichen und dafür einzustehen.
Ferner setzen wir uns dafür ein, dass die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ihren bestehenden Unvereinbarkeitsbeschluss ausweitet.
Beschlüsse des Bundesverbandes der Juso-Hochschulgruppen sind für uns bindend und werden von uns aktiv umgesetzt.
Bonn, den 06.09.2022
Celina Farinha und Katrin Krzoska
1 vgl.
https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/256889/burschenschaften- geschichte-politik-und-ideologie/; darlegend: Beschluss des Bundeskoordinierungstreffen 2017: BKT171_D1_Die Burschenschaften als Knotenpunkt innerhalb der Rechten – neue Netzwerke als neue Herausforderungen für unsere antifaschistische Arbeit.
2 vgl. Beschluss auf dem Bundeskoordinierungstreffen 2014: BKT141_D1_Neue Strukturen alte Ideologien – Burschenschaften entschieden bekämpfen!
3 vgl. Beschluss auf dem Bundeskoordinierungstreffen 2017: BKT171_D2_ Kein Wichs an der Hochschule. Verbindungen konsequent entgegentreten!, Z. 47-60.